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Inspiriert für diese Reise wurden wir von einem alten Lonely-Planet-Reiseführer über den gesamten Balkan, den wir in einem Book-Sharing-Regal um die Ecke gefunden haben. Die wenigen, aber schönen Bilder in dem Buch und die Tatsache, dass Montenegro (noch) ein Schattendasein in den europäischen Reisezielen fristet, hat uns motiviert, mal wieder eine klassische Backpacking-Reise im September 2022 anzutreten – klassisch ja, wobei wir auf Mehrbettzimmer verzichtet haben 🙂
Am steinigen „Strand“ von Kotor haben wir uns ein Zweierkayak ausgeliehen. Es gab reichlich Auswahl. Entlang der westlichen Küste haben wir uns durch das Wasser gekämpft – anstrengender als gedacht! Aber die gelegentliche Abkühlung im Meer ist herrlich.
Den hervorragend Tipp, den wir bekommen haben und weitergeben wollen, ist das Restaurant Bokeski Gusti nach ~1,5 Stunden paddeln. Leckere, erschwingliche Küche (insb. Fischgerichte), kleine Anlegestelle und willkommene Atmosphäre (auch in halbnassen Paddelklamotten).
Unerwartet waren wir auf dem Rückweg (über die Ostseite) Teil einer uns noch heute unglaublichen Begegnung: Einen Meter neben uns tauchte eine Schildkröte aus dem klaren Wasser auf! Das ca. 40cm große Tier und wir starrten uns einige Sekunden überrascht an, bis es sich wieder gemächlich in die Tiefen verabschiedete.
Doch auch an Land zeigt sich die Bucht von Kotor strahlend schön: Die mittelalterliche Festungsstadt Kotor, das venezianisch anmutende Perast und der Anstieg hoch zur Burg San Giovanni über einen Ziegenpfad bei Sonnenuntergang zeigen uns nur eins von Montenegros vielen Gesichtern – aber sicherlich eins der schönsten!
Als die letzte Station in Montenegro hat uns der Durmitor Nationalpark nochmal die ganze Pracht Montenegros gezeigt. Die Halbtageswanderung von Žabljak an den nahegelegenen Schwarzen See war bereits eine freudige Überraschung. Ein überaus idillischer Bergsee mit dahinter aufragenden Bergen, wie man ihn in den Alpen nicht schöner finden kann.
Wir wollten aber mehr sehen. Es sollte keine aufwändig geführte Wanderung, aber auch keine Fahrt mit dem Mietauto werden. Rennräder oder ähnliches werden nicht angeboten. Daher entschieden wir uns für hochwertige E-Mountainbikes vom Kaćun Caffe & Restaurant.
Wir erhielten widersprüchliche Aussagen: Von „Den Durmitor-Ring über Prevoj Sedlo und den Susica Canyon schafft ihr nie mit einer Batterieladung!“ zu „Na klar, mache ich ständig!“. Wir nahmen die 80km und 2.000 Höhenmeter also etwas verunsichert in Angriff, immer mit der Option umzudrehen und abzubrechen.
Das erste Mal auf e-Bikes unterwegs, fühlten wir uns bereits vom niedrigsten Eco-Modus beflügelt. Die Straße führt durch eine traumhafte, karge Gebirgslandschaft und über alpenartige Pässe. Am Rand fanden wir immer wieder kleine Kioske oder Teeläden vor. So hoch wir uns auch über die Pässe aufschwangen, so steil tauchten wir in den Susica Canyon ab: Von kargen Steinlandschaften bis hinunter in dichte Wälder – und wieder rauf. Eine überaus beeidruckende Runde; ein wahres MUSS.
Die Akkus haben übrigens gehalten. Aber mit einem nicht geringem körperlichen Opfer. Selbst bei den steilsten Rampen blieben wir auf dem Eco-Modus – und trudelten dann mit noch halbvollen Akkus in Zabljak ein…
Von dem Dorf Virpazar aus haben wir spontan am Nachmittag eine individuelle Bootsfahrt nur für uns zwei gebucht – einfach über unsere Unterkunft. Das goldene Abendlicht und die anbrechende Dämmerung (im Gegensatz zu den Gruppenfahrten am Morgen), die Freiheit auf dem Boot (direkt auf dem Bug, der vorderen Spitze, sitzend) und der folgende Regentag haben uns bestätigt, dass sich die Investition gelohnt hat!
Ganz geschmeidig schiebt sich das längliche Boot auf dem See entlang und durch die Wasserstraßen zwischen den millionenfachen Seerosen hindurch. In unserer Tour war das Ziel das Kloster Kom. Unser Einschätzung nach mittlerweile eher ein kleiner, lokaler Veranstaltungsort als ein Kloster, aber eine schöne Aussicht bietet sich von oben. Die grünen, steil abfallenden Berge um uns herum und der endlose Seerosenteppich lassen uns fast an Südostasien denken!
Von Virpazar über Podgorica nach Mojkovac nutzen wir die über Montenegro hinaus berühmte Bahnstrecke.
Der Zug passiert die höchste Eisenbahnbrücke Europas, das Mala-Rijeka-Viadukt; drückt sich entlang von hunderte Meter aufragenden Steilhänge; und taucht ein in enge, lange Tunnel. Staunen wechselt sich mit einem mulmigen Gewühl. Und die Frage stellt sich: Wie haben es Menschen geschafft, diese Zugstrecke zu erbauen?
Der Nationalpark Biogradska Gora liegt inmitten eines Mittelgebirges, welches uns stark an deutsche Wälder erinnert hat. Nur findet sich in diesem Nationalpark noch ein uralter Wald mit jahrhundertealten, dicken Bäumen. Über einen Plankenweg schwebt man durch ein grünes Meer, aus dem 40 Meter hohe, mächtige Baumstämme aufragen. Dann schimmert der Biogradsko Jezero, das „Bergauge“, wie die Montenegriner ihre Bergseen nennen, türkis in all dem Grün auf.
Wir konnten den Biogradska Gora Nationalpark auf einer (langen) Tageswanderung ganz ohne Auto erwandern, ausgehend von unserer unvergesslichen Unterkunft auf der anderen Seite der Hügelkuppe: ein eigenes kleines Hüttchen mit einem wunderbaren Ausblick über die Gebirgszüge. Die außerordentlich freundlichen Gastgeber des Etno Village Zuric servierten uns frisch gefangenen Fisch vom Hausteich, selbstgemachte Waldbeermarmelade mit Pfannkuchen, selbstgemachten Käse und viele weitere Leckereien.
Eigentlich ziehen uns solche organisierten „Abenteueraktivitäten“ in Gruppen wie Zipline, Fallschirmspringen, Rafting usw. nicht an. Da uns der kurze Blick in den riesigen Canyon beim Umstieg an der berühmen Tara-Brücke aber noch nicht gereicht hatte, haben wir eine Tagestour bei einem der vielen Anbieter in Žabljak gebucht, um die längste und tiefste Schlucht Europas aus nächster Nähe zu erleben.
Und wir müssen zugeben: Es hat sich gelohnt! Weniger wegen der brausenden Stromschnellen (die gab es kaum), sondern wegen dieses glasklaren, kalten Wassers inmitten des emporragenden Canyons. Das Boot mit 6-8 Personen glitt sanft über das Wasser und wir konnten die blauen und grünen Farbfacetten der Natur bestaunen.
Den Aufstieg von Kotor hoch in das Lovćen-Gebirge. Allein die Straße und der Wanderweg sollen ein Erlebnis sein, aber auch der Ausblick über die Bucht und das Monument am Gipfel versprachen einen eindrucksvollen Tagesausflug. Allerdings erschien uns die Aussicht, als Teil der Kreuzfahrtschifftouristen in etlichen Bussen dort hochgefahren zu werden, nicht sehr verlockend. Gleichzeitig haben wir uns den gesamten Wanderweg nicht zugetraut. Unser Plan war es, die Straße mit dem Fahrrad zu erklimmen. Wir sind alle Verleihläden abgegangen, aber keiner konnte uns ein passendes Fahrrad anbieten – alles nur ältere, klapprige Mountainbikes. Wir hoffen, dass ihr einen Weg findet und euch das Highlight nicht entgehen lasst!
Außerdem hätten uns die alte Königsstadt Cetinje, der Pilgerort Kloster Ostrog, das muslimisch geprägte Ulcinj nahe der albanischen Grenze und der transnationale „Peaks of the Balkans“-Trek im Dreiländereck zwischen Montenegros Nordosten sowie Kosovo und Albanien gereizt. Montenegro, wir kommen wieder!
Kroatien und Montenegro
Da wir zumindest auf dem Rückweg die Landroute nach Hause gewählt haben, hat uns unsere Route nicht nur nach Montenegro, sondern auch nach Kroatien geführt. Unser Highlight hier war die Insel Mljet: Idyllische Buchten, türkisenes Wasser wie in der Karibik und versteckte Badestellen an den Salzwasserlagunen waren der perfekte, erholsame Abschluss unserer vollgepackten Montenegro-Tour!
Nicht nur die Natur, sondern auch die Städte in Montenegro (und auf unserer Schnuppertour durch Kroatien) sind eine Reise wert!
In Kroatien:
Montenegro nutzt den Euro als Währung – sehr praktisch für europäische Reisende.
An- und Abreise, Option 1:
An- und Abreise, Option 2:
Innerhalb Montenegros haben wir sehr gute Erfahrungen mit den „klassischen“ Backpacker-Fortbewegungsmitteln (d.h. ohne eigenes Auto) gemacht! Es fahren günstige Busse zwischen den Städten, die einfach und zuverlässig über das Portal busticket4.me gebucht werden können (achtet darauf, dass die Tickets des Busanbieters digital gültig sind).
Eine empfehlenswerte Ausnahme ist die Zugstrecke: Bar – Virpazar – Podgorica – Kolasin – Mojkovac – … – Belgrad. Wenn ihr eine Fahrt entlang dieser Strecke einplanen könnt, macht das! Die Strecke, vor allem durch die Berge zwischen Podgorica und Kolasin, ist beeindruckend. Aber erwartet keinen luxuriösen Zug – eher eine kleine Zeitreise!
In Kroatien haben wir uns über die guten Fährverbindungen gefreut – insbesondere die lange Fahrt von Mljet nach Split hat uns eine lange Autobahnfahrt erspart.
An allen unseren Aufenhaltsorten ließen sich Unterkünfte problemlos über booking.com buchen. Wir haben durchweg positive Erfahrungen mit Zimmern und Gastgeber*innen gemacht.
Besonders empfehlen wir: Ento Village Zuric
Die Gastgeberfamilie betreibt auf ihrem Grundstück, welches auf einem Berg oberhalb von Mojkovac liegt, zwei (zugegebenermaßen winzige) 2-Personen-Hütten und ein Zimmer oberhalb des Aufenthaltsraums für mehrere Personen. Die Holzhütten haben ca. 30 Meter Abstand zum Wohnhaus der Familie. Aufenthalts- und Essensraum sind in einem frei stehenden, schön gearbeiteten Holzhaus mit Panoramafenstern untergebracht. Die Umgebung lädt zum Wandern in den Biogradska Gora Nationalpark ein, den man von hier auch ohne Auto erreicht. Das überhaus Bemerkenswerte war allerdings die Gastfreundschaft und das hervorragende Essen! Fangfrischen, gegrillten Fisch zur Begrüßung, selbst gemachte Waldbeermarmelade, selbst gemachter Käse, Pfannkuchen und vieles mehr!
Die kulinarische Erfahrung in Montenegro hängt unserer Erfahrung nach sehr von der Ernährungsart und dem Standort ab. Wenn man auf Fleisch und Fisch verzichten will, schränkt man die Speisekarte meist erheblich ein. An der Küste ist das kein Problem, da hier oft italienische Gerichte wie Pasta und Pizza auf der Speisekarte stehen. Im Landesinneren kann es passieren, dass man sich das Gericht mit Beilagen wie Salate, Käse und Brot zusammenstellen muss – satt und zufrieden sind wir aber immer geworden!