Montenegros Vielfalt in zwei Wochen erlebt

18. Februar 2023
Ja, wir hatten Berichte gelesen, aber dass dieses kleine Land eine solche Vielfalt an Landschaften bietet, konnten wir erst während unserer eigenen Reise glauben: Vom paradiesischen „Fjord“ mit glasklarem Wasser über einen seerosenbedeckten See und einen der letzten europäischen Urwälder bis zu beeindruckenden Gebirgsstraßen. Unsere uneingeschränkte Empfehlung!

Inhalt

Montenegros Juwele

Autor*in

Nico
Unterwegs auf Gravelbike rund um Frankfurt und Mehrtagestouren. Canyon Grail 7, Specialized Pathfinder Pro

Wann und Warum

Inspiriert für diese Reise wurden wir von einem alten Lonely-Planet-Reiseführer über den gesamten Balkan, den wir in einem Book-Sharing-Regal um die Ecke gefunden haben. Die wenigen, aber schönen Bilder in dem Buch und die Tatsache, dass Montenegro (noch) ein Schattendasein in den europäischen Reisezielen fristet, hat uns motiviert, mal wieder eine klassische Backpacking-Reise im September 2022 anzutreten – klassisch ja, wobei wir auf Mehrbettzimmer verzichtet haben 🙂

Unsere Aktivitäten und Highlights

Kayak fahren in der Bucht von Kotor

Am steinigen „Strand“ von Kotor haben wir uns ein Zweierkayak ausgeliehen. Es gab reichlich Auswahl. Entlang der westlichen Küste haben wir uns durch das Wasser gekämpft – anstrengender als gedacht! Aber die gelegentliche Abkühlung im Meer ist herrlich.

Den hervorragend Tipp, den wir bekommen haben und weitergeben wollen, ist das Restaurant Bokeski Gusti nach ~1,5 Stunden paddeln. Leckere, erschwingliche Küche (insb. Fischgerichte), kleine Anlegestelle und willkommene Atmosphäre (auch in halbnassen Paddelklamotten).

Unerwartet waren wir auf dem Rückweg (über die Ostseite)  Teil einer uns noch heute unglaublichen Begegnung: Einen Meter neben uns tauchte eine Schildkröte aus dem klaren Wasser auf! Das ca. 40cm große Tier und wir starrten uns einige Sekunden überrascht an, bis es sich wieder gemächlich in die Tiefen verabschiedete.

Doch auch an Land zeigt sich die Bucht von Kotor strahlend schön: Die mittelalterliche Festungsstadt Kotor, das venezianisch anmutende Perast und der Anstieg hoch zur Burg San Giovanni über einen Ziegenpfad bei Sonnenuntergang zeigen uns nur eins von Montenegros vielen Gesichtern – aber sicherlich eins der schönsten!

E-Bike-Rundfahrt im Durmitor Nationalpark

Als die letzte Station in Montenegro hat uns der Durmitor Nationalpark nochmal die ganze Pracht Montenegros gezeigt. Die Halbtageswanderung von Žabljak an den nahegelegenen Schwarzen See war bereits eine freudige Überraschung. Ein überaus idillischer Bergsee mit dahinter aufragenden Bergen, wie man ihn in den Alpen nicht schöner finden kann.

Wir wollten aber mehr sehen. Es sollte keine aufwändig geführte Wanderung, aber auch keine Fahrt mit dem Mietauto werden. Rennräder oder ähnliches werden nicht angeboten. Daher entschieden wir uns für hochwertige E-Mountainbikes vom Kaćun Caffe & Restaurant.

Wir erhielten widersprüchliche Aussagen: Von „Den Durmitor-Ring über Prevoj Sedlo und den Susica Canyon schafft ihr nie mit einer Batterieladung!“ zu „Na klar, mache ich ständig!“. Wir nahmen die 80km und 2.000 Höhenmeter also etwas verunsichert in Angriff, immer mit der Option umzudrehen und abzubrechen.

Das erste Mal auf e-Bikes unterwegs, fühlten wir uns bereits vom niedrigsten Eco-Modus beflügelt. Die Straße führt durch eine traumhafte, karge Gebirgslandschaft und über alpenartige Pässe. Am Rand fanden wir immer wieder kleine Kioske oder Teeläden vor. So hoch wir uns auch über die Pässe aufschwangen, so steil tauchten wir in den Susica Canyon ab: Von kargen Steinlandschaften bis hinunter in dichte Wälder – und wieder rauf. Eine überaus beeidruckende Runde; ein wahres MUSS.

Die Akkus haben übrigens gehalten. Aber mit einem nicht geringem körperlichen Opfer. Selbst bei den steilsten Rampen blieben wir auf dem Eco-Modus – und trudelten dann mit noch halbvollen Akkus in Zabljak ein…

Bootsfahrt auf dem Skutarisee

Von dem Dorf Virpazar aus haben wir spontan am Nachmittag eine individuelle Bootsfahrt nur für uns zwei gebucht – einfach über unsere Unterkunft. Das goldene Abendlicht und die anbrechende Dämmerung (im Gegensatz zu den Gruppenfahrten am Morgen), die Freiheit auf dem Boot (direkt auf dem Bug, der vorderen Spitze, sitzend) und der folgende Regentag haben uns bestätigt, dass sich die Investition gelohnt hat!

Ganz geschmeidig schiebt sich das längliche Boot auf dem See entlang und durch die Wasserstraßen zwischen den millionenfachen Seerosen hindurch. In unserer Tour war das Ziel das Kloster Kom. Unser Einschätzung nach mittlerweile eher ein kleiner, lokaler Veranstaltungsort als ein Kloster, aber eine schöne Aussicht bietet sich von oben. Die grünen, steil abfallenden Berge um uns herum und der endlose Seerosenteppich lassen uns fast an Südostasien denken!

Zugfahrt von Podgorica nach Mojkovac

Von Virpazar über Podgorica nach Mojkovac nutzen wir die über Montenegro hinaus berühmte Bahnstrecke.

Der Zug passiert die höchste Eisenbahnbrücke Europas, das Mala-Rijeka-Viadukt; drückt sich entlang von hunderte Meter aufragenden Steilhänge; und taucht ein in enge, lange Tunnel. Staunen wechselt sich mit einem mulmigen Gewühl. Und die Frage stellt sich: Wie haben es Menschen geschafft, diese Zugstrecke zu erbauen?

Etno Village Zuric bei Biogradska Gora

Der Nationalpark Biogradska Gora liegt inmitten eines Mittelgebirges, welches uns stark an deutsche Wälder erinnert hat. Nur findet sich in diesem Nationalpark noch ein uralter Wald mit jahrhundertealten, dicken Bäumen. Über einen Plankenweg schwebt man durch ein grünes Meer, aus dem 40 Meter hohe, mächtige Baumstämme  aufragen. Dann schimmert der Biogradsko Jezero, das „Bergauge“, wie die Montenegriner ihre Bergseen nennen, türkis in all dem Grün auf.

Wir konnten den Biogradska Gora Nationalpark auf einer (langen) Tageswanderung ganz ohne Auto erwandern, ausgehend von unserer unvergesslichen Unterkunft auf der anderen Seite der Hügelkuppe: ein eigenes kleines Hüttchen mit einem wunderbaren Ausblick über die Gebirgszüge. Die außerordentlich freundlichen Gastgeber des Etno Village Zuric servierten uns frisch gefangenen Fisch vom Hausteich, selbstgemachte Waldbeermarmelade mit Pfannkuchen, selbstgemachten Käse und viele weitere Leckereien.

Rafting im glasklaren Fluss Tara

Eigentlich ziehen uns solche organisierten „Abenteueraktivitäten“ in Gruppen wie Zipline, Fallschirmspringen, Rafting usw. nicht an. Da uns der kurze Blick in den riesigen Canyon beim Umstieg an der berühmen Tara-Brücke aber noch nicht gereicht hatte, haben wir eine Tagestour bei einem der vielen Anbieter in Žabljak gebucht, um die längste und tiefste Schlucht Europas aus nächster Nähe zu erleben.

Und wir müssen zugeben: Es hat sich gelohnt! Weniger wegen der brausenden Stromschnellen (die gab es kaum), sondern wegen dieses glasklaren, kalten Wassers inmitten des emporragenden Canyons. Das Boot mit 6-8 Personen glitt sanft über das Wasser und wir konnten die blauen und grünen Farbfacetten der Natur bestaunen.

Was haben wir verpasst?

Den Aufstieg von Kotor hoch in das Lovćen-Gebirge. Allein die Straße und der Wanderweg sollen ein Erlebnis sein, aber auch der Ausblick über die Bucht und das Monument am Gipfel versprachen einen eindrucksvollen Tagesausflug. Allerdings erschien uns die Aussicht, als Teil der Kreuzfahrtschifftouristen in etlichen Bussen dort hochgefahren zu werden, nicht sehr verlockend. Gleichzeitig haben wir uns den gesamten Wanderweg nicht zugetraut. Unser Plan war es, die Straße mit dem Fahrrad zu erklimmen. Wir sind alle Verleihläden abgegangen, aber keiner konnte uns ein passendes Fahrrad anbieten – alles nur ältere, klapprige Mountainbikes. Wir hoffen, dass ihr einen Weg findet und euch das Highlight nicht entgehen lasst!

Außerdem hätten uns die alte Königsstadt Cetinje, der Pilgerort Kloster Ostrog, das muslimisch geprägte Ulcinj nahe der albanischen Grenze und der transnationale „Peaks of the Balkans“-Trek im Dreiländereck zwischen Montenegros Nordosten sowie Kosovo und Albanien gereizt. Montenegro, wir kommen wieder!

Unsere Reiseroute

Kroatien und Montenegro

Da wir zumindest auf dem Rückweg die Landroute nach Hause gewählt haben, hat uns unsere Route nicht nur nach Montenegro, sondern auch nach Kroatien geführt. Unser Highlight hier war die Insel Mljet: Idyllische Buchten, türkisenes Wasser wie in der Karibik und versteckte Badestellen an den Salzwasserlagunen waren der perfekte, erholsame Abschluss unserer vollgepackten Montenegro-Tour!

  1. Tag: Flug nach Dubrovnik
  2. Tag: Dubrovnik erkunden
  3. Tag: Busfahrt nach Kotor
  4. Tag: Kotor (Kayak fahren)
  5. Tag: Kotor (Perast und Aufstieg zur Burg San Giovanni)
  6. Tag: Bus nach Podgorica und Umstieg auf Zug nach Virpazar + Bootstour auf dem Skutarisee
  7. Tag: Virpazar (Unwetter vorbei ziehen lassen)
  8. Tag: Zug nach Mojkovac (Umstieg in Podgorica)
  9. Tag: Mojkovac (Wanderung zum Nationalpark Biogradska Gora)
  10. Tag: Bus von Mojkovac nach Žabljak (Umstieg an der Tara-Brücke) + Wanderung um den Schwarzen See
  11. Tag: Žabljak (e-Fahrradtour durch der Durmitor-Gebirge)
  12. Tag: Žabljak (Rafting auf der Tara)
  13. Tag: Bus von Žabljak nach Kotor
  14. Tag: Bus von Kotor nach Dubrovnik
  15. Tag: Fähre von Dubvovnik auf die Insel Mljet
  16. Tag: Mljet (Fahrradtour um die Salzwasserseen)
  17. Tag: Mljet (Wanderung durch den Nationalpark)
  18. Tag: Fähre von Mljet nach Split
  19. Tag: Split (Stadt erkunden), nachmittags Bus nach Zagreb
  20. Tag: Zagreb (Stadt erkunden) + Nachtzug nach München
  21. Tag: Zug von München nach Frankfurt

Städte

Nicht nur die Natur, sondern auch die Städte in Montenegro (und auf unserer Schnuppertour durch Kroatien) sind eine Reise wert!

  • Kotor: Kleines, mittelalterliches Städtchen an einer wunderschönen Bucht/Fjord (Tagsüber voll mit Gästen der zahlreichen Kreuzfahrtschiffe. Daher unser Tipp: tagsüber Aktivitäten im Umland und auf dem Wasser und Abends die Atmosphäre des Städtchens genießen)
  • Virpazar: Funktionales, kleines Dorf für Ausflüge auf dem Skutarisee
  • Mojkovak: Ausgangspunkt für Unterkünfte in den umliegenden Bergen. Von der Stadt haben wir keinen Eindruck bekommen
  • Žabljak: Prototyp einer Stadt für Abenteueraktivitäten


In Kroatien:

  • Dubrovnik: Beeindruckende und malerische Burganlage (allerdings sehr touristisch)
  • Polače (Insel Mljet): Schönes, kleines Fischerdorf an einer malerischen Bucht
  • Split: Beeindruckende römische Bauten (allerdings sehr touristisch)
  • Zagreb: Schöne Innenstadt mit lebendigem, entspanntem Abendleben

Praktische Hinweise

Montenegro nutzt den Euro als Währung – sehr praktisch für europäische Reisende.

Fortbewegung

An- und Abreise, Option 1:

  1. Flug nach Dubrovnik (~ 2 Stunden)
  2. Bus von Dubrovnik nach Kotor (~ 2 Stunden inkl. Grenzübertritt. An Ausweise denken)

An- und Abreise, Option 2:

  1. Zug nach München (3-4 Stunden) [oder alternativ nach Wien]
  2. Nachtzug von München nach Zagreb (~ 9 Stunden) [oder alternativ von Wien nach Split, nur im Sommer]
  3. Bus von Zagreb nach Split (8 – 10 Stunden)
  4. Bus von Split nach Kotor (ggf. Umstieg in Dubrovnik)


Innerhalb Montenegros haben wir sehr gute Erfahrungen mit den „klassischen“ Backpacker-Fortbewegungsmitteln (d.h. ohne eigenes Auto) gemacht! Es fahren günstige Busse zwischen den Städten, die einfach und zuverlässig über das Portal busticket4.me gebucht werden können (achtet darauf, dass die Tickets des Busanbieters digital gültig sind).

Eine empfehlenswerte Ausnahme ist die Zugstrecke: Bar – Virpazar – Podgorica – Kolasin – Mojkovac – … – Belgrad. Wenn ihr eine Fahrt entlang dieser Strecke einplanen könnt, macht das! Die Strecke, vor allem durch die Berge zwischen Podgorica und Kolasin, ist beeindruckend. Aber erwartet keinen luxuriösen Zug – eher eine kleine Zeitreise!

In Kroatien haben wir uns über die guten Fährverbindungen gefreut – insbesondere die lange Fahrt von Mljet nach Split hat uns eine lange Autobahnfahrt erspart.

Unterkünfte

An allen unseren Aufenhaltsorten ließen sich Unterkünfte problemlos über booking.com buchen. Wir haben durchweg positive Erfahrungen mit Zimmern und Gastgeber*innen gemacht.

Besonders empfehlen wir: Ento Village Zuric
Die Gastgeberfamilie betreibt auf ihrem Grundstück, welches auf einem Berg oberhalb von Mojkovac liegt, zwei (zugegebenermaßen winzige) 2-Personen-Hütten und ein Zimmer oberhalb des Aufenthaltsraums für mehrere Personen. Die Holzhütten haben ca. 30 Meter Abstand zum Wohnhaus der Familie. Aufenthalts- und Essensraum sind in einem frei stehenden, schön gearbeiteten Holzhaus mit Panoramafenstern untergebracht. Die Umgebung lädt zum Wandern in den Biogradska Gora Nationalpark ein, den man von hier auch ohne Auto erreicht. Das überhaus Bemerkenswerte war allerdings die Gastfreundschaft und das hervorragende Essen! Fangfrischen, gegrillten Fisch zur Begrüßung, selbst gemachte Waldbeermarmelade, selbst gemachter Käse, Pfannkuchen und vieles mehr!

Essen und Trinken

Die kulinarische Erfahrung in Montenegro hängt unserer Erfahrung nach sehr von der Ernährungsart und dem Standort ab. Wenn man auf Fleisch und Fisch verzichten will, schränkt man die Speisekarte meist erheblich ein. An der Küste ist das kein Problem, da hier oft italienische Gerichte wie Pasta und Pizza auf der Speisekarte stehen. Im Landesinneren kann es passieren, dass man sich das Gericht mit Beilagen wie Salate, Käse und Brot zusammenstellen muss – satt und zufrieden sind wir aber immer geworden!